Das Social Media-Gericht
Ofraim, Lindemann, Mockridge, Kachelmann – geraten Prominente ins Visier der Strafverfolgungsbehörden, ist die Öffentlichkeit interessiert.
In den sozialen Medien teilen Unser ihre Ansichten.
Oft tragen geteilte Äußerungen aber nicht zu einer konstruktiven Debatte bei. Dafür gibt es verschiedene Gründe:
1. Geht es um Strafrecht, reagieren viele Menschen emotional. Gerade potentielle Sexualstraftaten rufen starke Gefühle hervor.
Einigen gelingt es nicht, Emotionen von Fakten zu trennen. Einer Diskussion fehlt die Sachlichkeit.
2. Ein juristischer Laie verfügt im Regelfall nicht über tiefere Rechtskenntnisse. Ohne Spezialwissen sind manche Entscheidungen von Staatsanwaltschaft und Gericht nicht leicht nachvollziehbar. Als Basis der eigenen Meinung dient das empfundene Gerechtigkeitsgefühl. Verkannt wird das Entscheidende: Das Rechtssystem muss als Ganzes für jeden denkbaren Fall funktionieren. Dies kann bedeuten, dass sich Einzelfälle auch „ungerecht“ anfühlen können. Die übergeordneten Prinzipien wie die Unschuldsvermutung gelten absolut.
3. Die eigenen Ansichten gründen auf einer lückenhaften Informationsgrundlage. Die Öffentlichkeit hat keine Kenntnis der Akte. Dort stehen aber die Details, auf die es ankommt. Ohne dieses Wissen baut die eigene Meinung nicht auf einem tragfähigen Fundament.
4. Äußerungen auf Instagram und Co. haben oft inhaltliche Fehler. Zum einen vermischen sich Tatsachenbehauptung und Meinung. Zum anderen verstoßen die Aussagen gegen die Regeln korrekter Argumentation: Scheinargumente wie das Argument gegen die Person (argumentum ad hominem) finden Eingang in Gespräche.
Im privaten Rahmen wäre das alles nicht problematisch. Die Gefahr liegt darin, dass die Meinungen einer großen Öffentlichkeit präsentiert werden. Falsche Tatsachenbehauptungen verbreiten sich ungefiltert. Schließen sich online viele Menschen den Fehlinformationen an, können Bewegungen entstehen. Verleumdungen und Hetzkampagnen gegen den Beschuldigten sind mögliche Folgen.
Ohne strafrechtliche Verurteilung hat das Social Media-Gericht sein Urteil längst gefällt: Schuldig, wenn es sich danach anfühlt.